Fotomontage
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Simultaneous Moments
1992
Biochemical Extremities
1990
Visual Perseveration
1992
Dragon Gate
1993
Anima
1990
Morpheus
1994
Mother's Day
1988
Splendor Solis
1994
Publizierte Werke
1993
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Diese Bilder wurden von Designer/Künstler Marcel Ritschel zwischen 1990 und 1994 erstellt. Dafür wurden Silbergelatinefilm, Kombinationsdruck und Montage eingesetzt.
Technik
Die Fotos wurden mit einer Mamyia TLR oder Pentax 67 SLR sowie Kodak T-Max Film aufgenommen. Die Kunstwerke selbst wurden in einer Schwarzweiss-Dunkelkammer und im Atelier produziert. Im letzten Schritt wurde die fertige Fotomontage mit Kodak Techpan fotografiert und dann auf Ilford Multigrade Fotopapier gedruckt.
Intention / Strategie
In seinem Traktat von der Malerei schrieb Leonardo da Vinci, dass das Auge "unzählige Formen erblickt.
Nichtsdestoweniger versteht es jedesmal nur einen Gegenstand." Es sei wie mit einem beschriebenen Blatt: "Daher
musst du es Wort für Wort, Satz für Satz durchmachen, wenn du Kenntnis von diesen Buchstaben haben willst"
(Übersetzung von Heinrich Ludwig). Da Vincis Theorie zur menschlichen Perzeption wurde bestätigt als Experimente
mit einem Eye-Tracker zeigten, dass ein Bild mit huschenden Blicken "konstruiert"- anstatt vollständig auf einmal
wahrgenommen wird.
Ritschel teilte die Ansicht, dass ein Foto weder wahr noch objektiv sei nur weil es den wesentlichen Teil seines
Bestehens einem autonomen mechanischen Prozess verdankt. Er glaubte auch, dass bei der Auswahl eines Subjekts der
Fotograf eben dieses von seinem Kontext isoliert hat und so erhebt oder ästhetisiert. Und wenn die Fotografie als
visuelles Redaktionssystem gesehen wird, ist der Weg frei um damit Bilder bzw. Bildelemente für eine konstruierte
Realität zu erfassen.
Konzept / Inhalt
Der Negativ-/Positiv-Prozess birgt das Potenzial in sich einer interpretativen Intervention zwischen Belichtung
und Abzug. Trotzdem beruht der Effekt einer Fotomontage auf der traditionellen Wahrnehmung der Fotografie als
geschlossenes technisches System, sowie tatsächliche Entstehungsorte in Raum und Zeit.
Der Künstler entwickelte ein Interesse am Kombinationsdruck [wo mehrere Negative für einen Abzug verwendet
werden] nachdem er als Student die Arbeiten von Jerry Uelsmann gesehen hatte. Zu seinen weiteren Inspirationen
gehörten surrealistische Kunst, Cyberpunk-Romane und elektronische Musik. Die Thematik der Werke dreht sich
um menschliche- und tektonische Formen, das Intime und das Monumentale, wobei die Architekturelemente* zur
Assemblage von Portalen und Passagen als Symbol der persönlichen Transformation dient.
Morpheus
ist eine Extrapolation wo der Betrachter aufgefordert wird, die Rolle einer avatarischen Figur einzunehmen um
dem blutigen Theater zu entkommen und zu den Engeln der "kristallinen Sphären" aufzusteigen. Die gleiche Dynamik
zurückweichender Räume im Zeitablauf [vom ersten bis zum letzten Bild] widerholt sich ab 1995 in den
digitalen Kunstwerken.
* Die Körper/Haus-Metapher geht auf die Literatur des 19. Jahrhunderts zurück und wurde auch umfangreich von Bachelard abgehandelt.